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Wie KI Berufsbilder, Kompetenzen und Karrierepfade verändert

04.11.2025

Die neuberufene LMU-Professorin Anne-Sophie Mayer untersucht, was sich für Beschäftigte und Führungspersonen durch den Einsatz von KI verändert.

LMU-Professorin Anne-Sophie Mayer

Prof. Dr. Anne-Sophie Mayer

erforscht den Einsatz von KI in Unternehmen und den Wandel der Arbeitswelt. | © LMU/Tobias Hase

Wo bleibt der Mensch, wenn die KI übernimmt? Und welche Folgen hat der zunehmende Einsatz Künstlicher Intelligenz für Organisationen und die sozialen Beziehungen, die sie ausmachen? Diese Fragen untersucht Professorin Anne-Sophie Mayer. Dafür arbeitet die LMU-Wissenschaftlerin mit Unternehmen verschiedener Branchen zusammen und begleitet die digitale Transformation vor Ort.

„Was wir in ganz unterschiedlichen Kontexten sehen, sei es in der Radiologie, Kreditberatung oder Personalgewinnung: Es geht häufig nicht darum, Menschen durch eine neue Technologie zu ersetzen. Aber deren Rollenbild und Kompetenzen ändern sich im Zuge der digitalen Transformation grundlegend“, sagt Anne-Sophie Mayer.

Anne-Sophie Mayer ist seit April 2025 Professorin für Digitale Arbeit an der LMU, „ihrer absoluten Traumstelle“: „Es ist ein großes Privileg, an so einem renommierten Institut arbeiten zu dürfen.“ Sie hat zuvor drei Jahre am KIN Center for Digital Innovation der Vrije Universiteit Amsterdam geforscht, zunächst als Postdoctoral Researcher, dann als Assistant Professor. Ursprünglich wollte Anne-Sophie Mayer Lehrerin werden, hat sich dann aber doch für ihr Interesse an Wirtschaft und ein Dual-Degree-Studium der internationalen BWL an der Hochschule Harz sowie der Otago Polytechnic in Neuseeland entschieden. Danach absolvierte sie den Master International Cultural and Business Studies an der Universität Passau, wo sie anschließend auch ihre Promotion abschloss. „Vom ersten Tag meiner Promotion hat mir die Forschung so viel Spaß gemacht, dass ich schnell wusste, ich möchte in der Wissenschaft bleiben“, erzählt sie rückblickend.

Forschung zu KI vor Ort in den Unternehmen

Ihre Arbeiten mit soziotechnischem Fokus und damit zu konkreten Fragen bei der Umsetzung der digitalen Transformation stoßen bei Unternehmen auf großes Interesse. „In der Praxis beschäftigt die Mitarbeitenden beim Einsatz von KI die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit, auch wenn formal ihr Job bestehen bleibt. Das unterschätzen Unternehmen oft.“ Mayers Studien zeigen, dass Management und Personalabteilungen den Rollenwandel von Beschäftigten, der mit der Einführung von KI einhergeht, aktiv begleiten sollten. Ansonsten kann die Transformation zu Unzufriedenheit und unerwünschtem Verhalten führen.

In einem Projekt im Kreditwesen beobachtete die Forscherin zum Beispiel, wie die betroffenen Kreditberater versuchten, die KI auszutricksen, die nun statt der Berater die Kreditentscheidungen traf. Sie hofften, mithilfe der Manipulation die von ihnen gewünschten Ergebnisse zu erhalten. Diese Beobachtung der Forscherin war für das Unternehmen in doppelter Hinsicht relevant. Zum einen zeigte es anschaulich die Herausforderung für die Beschäftigten, auf Basis für sie nicht nachvollziehbarer Entscheidungen einer KI Kunden zu beraten. Zum anderen machten die Manipulationsversuche auch falsche Ergebnisse der KI deutlich, sodass diese schließlich mithilfe der Kompetenzen der Beschäftigten verbessert werden konnte.

Neue Herausforderungen für Führungskräfte durch KI

Dabei stellt der Einsatz Künstlicher Intelligenz auch Führungsebenen vor vielerlei Herausforderungen. Da ist zum einen das sogenannte algorithmische Management, ein weiterer Forschungsschwerpunkt von Anne-Sophie Mayer. In der Plattformökonomie, zu der Unternehmen wie Uber und Amazon Mechanical Turk zählen, werden viele Managemententscheidungen bereits auf Basis von Algorithmen getroffen, etwa die Beurteilung von Leistung und die Höhe der Bezahlung. Die LMU-Forscherin untersucht, was es für die betroffenen Akteure bedeutet, wenn solch klassische Führungsaufgaben nicht mehr von Menschen, sondern durch Algorithmen übernommen werden.

Aber auch der Einsatz von KI-Tools durch die Beschäftigten hat Implikationen für deren Leitungen. Wenn zum Beispiel Informationen und Rat im Berufsalltag nun bei einem KI-Agenten statt wie bisher bei Vorgesetzten oder im Team eingeholt werden, könnten diese ihre Mitarbeitenden schlechter einschätzen. „Expertise ist relational: Sie baut sich dadurch auf, dass ich andere um Rat frage, aus Fehlern lerne, auch aus denen der anderen“, sagt Anne-Sophie Mayer und fragt, was sich für Unternehmen verändert, wenn diese sozialen Verbindungen wegfallen und Führungskräfte nicht mehr selbst sehen, wo Mitarbeiter stehen und Unterstützung brauchen. „Woran erkenne ich als Vorgesetzte die High Performer und woran messe ich nun, wer gut ist? Sind es die, die eine gute Präsentation selbst machen, oder die, die gut prompten können? Und wie verändern sich Karriereanforderungen und -pfade dadurch?“

Diese Fragen betreffen auch unmittelbar junge Akademikerinnen und Akademiker, die erst in den Arbeitsmarkt einsteigen. In einer aktuellen Studie hat Anne-Sophie Mayer daher beispielhaft untersucht, welche Implikationen der Einsatz von KI für Berufseinsteiger in der Beratungsbranche hat.

Bei den Studierenden, die davon bald auch selbst betroffen sein werden, kommen die Forschungsthemen gut an. Anne-Sophie Mayer erinnert sich an „viele sehr offene, lebendige und kritisch-reflektierte Diskussionen“ in ihrem ersten Semester an der LMU. „Ich war begeistert, wie interessiert und aktiv die Studierenden waren“, sagt die Professorin und verweist darauf, dass auch sie davon profitiert: „Beim Thema KI lernt man selber nie aus.“

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